Geschichte des WBV Hartum

Schon im 6. Jahrhundert v. Chr. stellte Thales von Milet fest:

Das Prinzip aller Dinge ist das Wasser.

Aus Wasser ist alles und in Wasser kehrt alles zurück.

Das der Strom aus der Steckdose und das Wasser aus der Leitung kommt, ist zwar vordergründig richtig, genau betrachtet aber nur die halbe Wahrheit. Mit dem bloßen Aufdrehen des Wasserhahns beispielsweise ist es ja nur dann getan, wenn ein kompliziertes, wenngleich weitgehend für den Verbraucher nicht sichtbares System der Wasserversorgung seine Aufgabe erfüllt. Ein solches System unterhält der WBV des Amtes Hartum und liefert Trinkwasser an ca. 16.000 Endverbraucher -flächendeckend ohne Ausnahme, jeder hat einen Anspruch auf Lieferung.

Das ist heute in der Bundesrepublik Deutschland der Regelfall.

Ganz anders war die Situation bei Gründung des WBV des Amtes Hartum in den Jahren um 1968. Eine solche Versorgung bestand in dem heutigen Versorgungsgebiet größtenteils noch nicht und es war gerade das Ziel mit der Gründung des WBV des Amtes Hartum, einen solchen Standard herzustellen.

Gründung

Erste konkrete Planungen für die Schaffung einer zentralen Wasserversorgung im Bereich des heutigen Wasserbeschaffungsverbandes des Amtes Hartum gehen auf das Jahr 1965 zurück. Dabei muss man sich zunächst noch einmal die Gebietsaufteilung vor der Gebietsreform vor Augen führen. Es gab das Amt Hartum mit den Gemeinden Eickhorst, Hahlen, Hartum, Hille, Holzhausen II, Nordhemmern und Südhemmern.

Im August 1965 wurden von den Gemeinden Hahlen, Hartum, Hille, Holzhausen und Nordhemmern Beschlüsse gefasst, die die Absichtserklärung enthielten, eine gemeinsame Wasserversorgung herzustellen. Aufgrund der topographischen Lage sollte die Wasserversorgung der Gemeinde Eickhorst durch den WBV Wiehengebirge in Verbund mit den übrigen Ortschaften an der Bergkante angestrebt werden, zumal dieser Verband bereits seit Jahren bestand.

Nur der Rat der Gemeinde Südhemmern sah sich seinerzeit nicht in der Lage, einen entsprechenden Beschluss zu fassen, da zunächst die Verhandlungen mit dem seinerzeit schon bestehenden Wasserbeschaffungsverband „Am Wiehen“ abgewartet werden sollten. Bereits hier deutete sich eine Sonderstellung der Gemeinde Südhemmern hinsichtlich einer gemeinsamen Wasserversorgung an, die sich dann in der Gründungsphase und den ersten Jahren des Wasserbeschaffungsverbandes des Amtes Hartum weiter manifestierte und zu dem sogenannten Wasserkrieg führte, über den im folgenden noch weiter ausführlich berichtet wird.

Ein entscheidender Meilenstein in der Gründungsphase des Wasserbeschaffungsverbandes des Amtes Hartum war die gemeinsame Sitzung des Gemeinderates der Gemeinden Hahlen, Hartum Hille, Holzhausen II, Nordhemmern und Südhemmern am 16.12.1966 im großen Sitzungssaal des Amtshauses Hartum. Zentraler Punkt war die Schaffung einer Wasserversorgung.

Die Planung, die seinerzeit bereits vom Ingenieurbüro Wiese vorgestellt wurde, sah vor, die Kapazitäten des Wasserwerkes Südhemmern des Wasserbeschaffungsverbandes „Am Wiehen“ zu nutzen und auszubauen. Die seinerzeit vorhandenen 5 Brunnen sollten nach den Planungen auf 15 Brunnen erweitert werden.

Es wurde mit Kosten von 3,5 Mio. DM gerechnet und es war vorgesehen, ein Rohrnetz mit einem Versorgungsdruck von 6 bis 6,5 bar aufzubauen. Besonders herausgestellt wurde, was heutzutage als selbstverständlich angesehen wird, dass die Feuerwehren direkt aus dem  Wassernetz Löschwasser entnehmen konnten. Beachtlich ist ebenfalls, dass bereits seinerzeit geplant war, auch Streusiedlungen zu versorgen und sich nicht nur auf die Ortskerne zu beschränken. Vorauszusehen war auch, dass die Wasserförderung nur nördlich des Mittellandkanales erfolgen konnte, weil südlich des Mittellandkanales im Moorgebiet das Grundwassers versalzen war.

In der angesprochenen Sitzung wies der damalige Amtsdirektor Hansmann auf die dringende Notwendigkeit der Einführung einer zentralen Be- und Entwässerungsanlage hin und betonte, „dass im Amtsgebiet Hartum keine Gemeinde eine solche Wirtschaftskraft habe, um allein ein solches Unternehmen zu tragen“. Diese Aufgaben könnten daher zurzeit nur großräumig von mehreren Gemeinden gelöst werden.

In derselben Sitzung wurde von den Räten der Gemeinden Hahlen, Hartum, Hille, Holzhausen II und Nordhemmern der Beitritt zum Wasserbeschaffungsverbandes des Amtes Hartum auf der Grundlage der ebenfalls in der Sitzung verabschiedeten Satzung beschlossen.

Der Rat der Gemeinde Südhemmern hat am 7. Februar 1967 ebenfalls dem Beitritt des Wasserbeschaffungsverbandes des Amtes Hartum zugestimmt, dabei jedoch folgende Bedingung genannt:

Die aufgrund des Wasserlieferungsvertrags zwischen dem WBV Am Wiehen und der Gemeinde Südhemmern vereinbarten Rechte und Sondervergünstigungen werden auch durch den WBV des Amtes Hartum gewährleistet.

Alle Sonderrechte, die der Gemeinde Südhemmern im laufenden Verleihungsverfahren bzw. im Zuge eines Gerichtsurteiles oder eines Vergleiches zugesprochen werden, werden ebenfalls als Sondervergünstigung anerkannt.

Nachdem die Satzung dem Kreis Minden und dem Regierungspräsidenten zur Genehmigung vorgelegt worden war, wurden vom Regierungspräsidenten Detmold mit Verfügung vom 21.06.1967 Änderungen der Satzung gefordert. Die überarbeitete Satzung wurde dann Anfang September 1967 dem Kreis Minden-Lübbecke zur Genehmigung vorgelegt.

Mit Verfügung vom 05. März 1968 wurde vom Oberkreisdirektor, als untere staatliche Verwaltungsbehörde, mitgeteilt, dass die Satzung des Wasserbeschaffungsverbandes erlassen wurde und der Verband somit mit in Kraft treten der Satzung am 15. März 1968 gegründet wurde.

Die Wasserversorgung vor dem WBV

Vor der Gründung des Wasserbeschaffungsverbandes des Amtes Hartum versorgte der WBV Am Wiehen 60 Häuser in der Ortschaft Südhemmern, der WBV Gehlenbeck das Gebiet Hille-West sowie die Gemeinde Hahlen mit Wasserbezug aus Minden das Gebiet am Schießstand.

WBV Am Wiehen in der Ortschaft Südhemmern

In der Ortschaft Südhemmern hat der WBV Am Wiehen seit 1962 ein Wasserwerk zur Versorgung der Kommunen südlich des Wiehengebirges betrieben (Amt Rehme, Stadt Bad Oeynhausen, Amt Hüllhorst, Amt Löhne). Durch die Anlegung von Brunnen zur Wasserentnahme fielen plötzlich einige Hauswasserbrunnen trocken. In einem Rechtsstreit der betroffenen Anlieger mit dem WBV Am Wiehen wurde ein Vergleich geschlossen, der beinhaltete, die betroffenen Häuser mit einer zentralen Wasserversorgung seitens des WBV Am Wiehen auszustatten. Diese erfolgte beitragsfrei.

WBV Hille-West-Gehlenbeck

Der WBV Hille-West-Gehlenbeck versorgte im nordwestlichen Bereich der Gemeinde Hille eine erhebliche Anzahl von Grundstücken mit Trinkwasser. Hier war es aus topografischen Gründen wegen des schlechten bzw. nicht ausreichenden Wassers aus Hausbrunnen notwendig, eine zentrale Wasserversorgung aufzubauen.

Wasserversorgung Hahlen-Schießstand

Aufgrund der schlechten Wasserqualität im Bereich Hahlen-Schießstand musste in dem Bereich eine Wasserversorgung aufgebaut werden.

So bildete auch dieses Leitungssystem einen Vorläufer des Wasserbeschaffungsverbandes des Amtes Hartum.

Gründe für eine öffentliche Wasserversorgung 1968

Aufgrund der engen und dichten Besiedlung im Gebiet am Schießstand in Hahlen wurde vom Medizinaldirektor Dr. Böker vom Gesundheitsamt Minden in einem Vermerk am 07.12.1966 festgestellt, dass aufgrund von durchgeführten Brunnenuntersuchungen im Siedlungsgelände in Hahlen sich erhebliche Bedenken wegen des Zustandes des Grundwassers ergeben. Es wurde herausgestellt, dass eine zentrale Wasserversorgung unbedingt notwendig sei. Auf den Grundstücken wurde gleichzeitig eine Kläranlage (oder Sickergrube) zur Beseitigung des Abwassers und ein Brunnen für Trinkwasser betrieben.

Dies führte natürlich dazu, dass eine ausreichende Reinigung des Abwassers auf natürlichem Wege nicht erfolgen konnte und zwangsläufig eine schlechte Trinkwasserqualität in den Brunnen vorlag. In der besagten Mitteilung des Medizinaldirektors Dr. Böker wurde treffend darauf hingewiesen, „dass der Boden nicht mehr die Kraft hat, das Wasser zu regenerieren“. Ähnliche Situationen fand man aber auch in dem übrigen Versorgungsgebiet je nach der Dichte der Besiedelung und der individuellen Lage der Trinkwasserbrunnen und Abwassersickeranlagen auf den Grundstücken vor.

Neben der genannten schlechten Trinkwasserqualität aus den eigenen Hauswasserbrunnen ergaben sich für den Bereich der Altgemeinde Hille aus topografischen Gründen Zwänge zur Herstellung einer öffentlichen Trinkwasserversorgung im Gebiet Hille-West.

Gesetzliche Vorgaben

Die rechtliche Situation bezüglich einer zentralen Wasserversorgung stellte sich wie folgt dar:

Grundsätzlich gehörte die öffentliche Wasserversorgung nach der Gemeindeordnung zur allgemeinen Daseinsvorsorge der Gemeinde. In großen Teilen des jetzigen Versorgungsgebietes bestand in den 50-er und 60-er Jahren aufgrund der relativ guten Wasserqualität kein Anlass für die Herstellung einer zentralen Wasserversorgung. Im Vergleich hierzu ist die Wasserversorgung in den südlichen Ortschaften der heutigen Gemeinde Hille zu sehen, wo bereits in den 30-er und 40-er Jahren des letzten Jahrhunderts eine Wasserversorgung aufgebaut wurde. Sofern sich aber aufgrund der abnehmenden Wasserqualität, wie eben dargestellt, die Notwendigkeit einer zentralen Wasserversorgung ergab, bestand für die damaligen Gemeinden im Rahmen der erwähnten Daseinsvorsorge nach der Gemeindeverordnung eine Verpflichtung zur Herstellung einer öffentlichen Trinkwasserversorgung. Wie Amtsdirektor Hansmann in der gemeinsamen Sitzung der Räte der beteiligten Gemeinden richtig anmerkte, war keine der einzelnen Gemeinden eigenständig in der Lage, diese Aufgabe zu lösen. Es bot sich vielmehr an, im Rahmen einer „interkommunalen Zusammenarbeit“ diese Aufgabe anzugehen.

Rechtsform, Organe

Eine Besonderheit ist die Rechtsform unseres WBV, der ein Wasser- und Bodenverband ist.
Der Wasser- und Bodenverband ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, dem das Recht zur Selbstverwaltung eingeräumt wird. Eine Abgrenzung dieses Verbandes zum Zweckverband besteht darin, dass das Zweckverbandsrecht grundsätzlich nur die Mitgliedschaft von Gebietskörperschaften vorsieht, als Verbandsmitglieder eines Wasser- und Bodenverbandes hingegen auch natürliche und juristische Personen in Betracht zu ziehen sind. Eine weitere Abgrenzung ergibt sich daraus, dass der Wasser- und Bodenverband nur die im Wasserverbandsgesetz genannten Aufgaben wahrnehmen kann. Hierzu zählen u.a. die Beschaffung und Bereitstellung von Wasser.

Rechtsgrundlagen für den Verband sind die Wasserverbandssatzung, welche die Rechtsverhältnisse des Verbandes und die Rechtsbeziehung zu den Verbandsmitgliedern im Einzelnen regelt und das Wasserverbandsgesetz.

Organe des WBV sind gemäß dem Wasserverbandsgesetz und der Verbandssatzung die Verbandsversammlung, der Vorstand und der Verbandsvorsteher.

Die Gremien werden entsprechend der Legislaturperioden der kommunalen Räte gewählt. Als Verbandsvorsteher können nur der Bürgermeister der Gemeinde Hille oder der Stadt Minden gewählt werden. In der konstituierenden Sitzung am 6. Juni 1968 wurde der damalige Amtsdirektor Walter Hansmann als erster Verbandsvorsteher gewählt. Da der Gründungsvater Walter Hansmann bereits im Jahr 1969 verstarb, wurden Neuwahlen für dieses Amt fällig. Wilhelm Grote übernahm das Amts des Verbandsvorstehers vom 5. November 1969 bis zum Jahre 1987, im Anschluss daran übernahm Reinhard Jasper diese Position. Derzeitiger Verbandsvorsteher des WBV ist seit dem 10.12.2009 Michael Schweiß als amtierender Bürgermeister der Gemeinde Hille.

Folgende Wasserwarte waren/sind für den WBV tätig:

Friedhelm Kröning                  vom   17.07.1972   bis   30.04.1988

Wilhelm von Behren               vom   01.10.1978   bis   30.04.2001

Wilfried Horstmann                vom   09.09.1987   bis   31.03.2020

Klaus-Peter Kleeberg             vom   01.08.1988   bis   30.04.2014

Marco Heistermann             seit   01.01.2002

Matthias Peithmann            seit   01.04.2014

Matthias Vogt                      seit   01.06.2020

Die rasante Entwicklung der Wasserversorgung

Festzustellen ist, dass sich durch die Gründung des Wasserbeschaffungsverbandes und mit dem Aufbau des Leitungsnetzes ein ganz neues Aufgabengebiet in der Kommunalverwaltung, hier für die Gemeinde Hille in Ausführung durch den Wasserbeschaffungsverband des Amtes Hartum geschaffen wurde.

Der Aufbau des Leitungsnetzes und der Anschluss sämtlicher Haushalte erfolgte in einem relativ kurzen Zeitraum. Zieht man z.B. den Vergleich zur Abwasserentsorgung, die in Hille Ende 2006 abgeschlossen wurde, wird einem die rasante Entwicklung und Durchführung der Aufgabe „Trinkwasserversorgung“ deutlich

Diese rasante Entwicklung spiegelt sich auch in der Abwicklung der Verbrauchsabrechnung mit dem Einsatz der EDV wieder.

Wurden bei Gründung des Verbandes noch die Rechnungen per Hand geschrieben und in jede Hausakte Ende des Jahres abgeheftet, fand schnell ein Abrechnungsverfahren des Rechenzentrums zur Erstellung der Trinkwasserrechnung beim WBV Einzug. Hier erfolgte zunächst die Eingabe in das EDV-System per Lochkarte, wie es um 1980 bei nahezu allen Programmen noch erforderlich war.

Im Jahr 1999 wurde dieses Verfahren durch das Abrechnungsprogramm EAS des Kommunalen Rechenzentrums in Lemgo abgelöst. Nachdem dieses Verfahren vom Hersteller nicht mehr gewartet wurde, musste zum 1.1.2006 wiederum ein neues Programm eingeführt werden.

Nach einem einjährigen Entscheidungsprozess entschloss sich das KRZ, die Aufgabe der Wasserversorgung in Kooperation mit den Stadtwerken Lemgo durchzuführen und so eine kostengünstige und sehr moderne Lösung herbeizuführen.  Das neue Programm ISU ist eine spezielle SAP-Lösung  für Versorgungsunternehmen.

Aktuell hat die Einführung der Ablesekarte mit der Möglichkeit der Eingabe direkt im Internet die Entwicklung der EDV des Wasserbeschaffungsverbandes des Amtes Hartum geprägt. Die dabei erzielten Eingabewerte von rund 90% liegen deutlich über dem Schnitt der anderen Wasserwerke und führen zu einer erheblichen Arbeitsersparnis, da die restlichen 10% durch eine sog. „Massenschätzung per Knopfdruck“ ermittelt wurden.

Diese Variante der Ablesung hat den großen Vorteil, das eine mitunter schwierige Terminkoordinierung zur Ablesung des Wasserzählers zwischen den Wasserwarten und den Grundstückseigentümern nicht mehr notwendig ist.

Entwicklung der Satzungen
  • Verbandssatzung
  • Wasserversorgungssatzung
  • Beitrags- und Gebührensatzung
Verbandssatzung

Die erste Satzung des Wasserbeschaffungsverbandes des Amtes Hartum vom 15. März 1968 wurde bereits aufgrund der Wasserverbandsordnung, die vom 3.9.1937 datiert, erlassen.

(Immerhin eine Rechtsvorschrift, die bei Gründung des Wasserbeschaffungsverbandes schon rd. 30 Jahre bestand und immerhin den Nationalsozialismus, Krieg, Besatzungszeit und die seinerzeit noch junge Bundesrepublik überstanden hatte.)

In dieser Satzung waren noch die beteiligten Gemeinden Hahlen, Hartum, Hille, Holzhausen II, Nordhemmern und Südhemmern Verbandsmitglieder, die gemäß § 32 der Verbandssatzung auch Beiträge an den Verband zu richten hatten. Diese Beitragspflicht im Verhältnis der Mitgliedskommunen zum Verband gibt es heute nicht mehr, sondern im Rahmen der heute geltenden Beitrags- und Gebührensatzungen sind diese Beiträge von den Anschlussnehmern an den Verband zu zahlen. (Eine gewisse Parallelität ergibt sich jedoch wieder aufgrund des  Erlasses der Beitrags-und Gebührensatzung durch die Mitgliedkommunen (Gemeinde Hille, Stadt Minden).)

Die Satzung aus dem Jahre 1968 wurde im Jahr 1995 durch eine Neufassung der Verbandssatzung ersetzt. Diese trat zum 1.7.1995 in Kraft. Die letzte Satzungsänderung erfolge mit Bekanntmachung im Amtlichen Kreisblatt am 9. Dezember 2004.

Wasserversorgungssatzung und Beitrags- und Gebühensatzungen

Die Inhalte der Wasserversorgungssatzung mit dem Anschluss- und Benutzungszwang, der Ausführung und Unterhaltung der Anschlüsse, der Wasserlieferung sowie das Zutrittsrecht sind bis heute nahezu gleich geblieben. Im § 17 der Satzung wurde festgelegt, dass der Anschlussbeitrag, Kostenersatz und Wassergebühren durch eine gesonderte Beitrags- und Gebührensatzung zu erheben sind. Diese Zweiteilung hat bis zum heutigen Tage Bestand und hat sich vor allem satzungstechnisch bewährt.

Mit Gründung des Verbandes wurden von den damaligen Gemeinden Wasserversorgungssatzungen sowie Beitrags- und Gebührensatzungen zu den Wasserversorgungssatzung erlassen.

Nach der Gebietsreform mussten neue Satzungen für das neue Gebiet der Gemeinde Hille und Stadt Minden geschaffen werden, da die vorherigen Mitglieder des Wasserbeschaffungsverbandes des Amtes Hartum, die einzelnen Gemeinden, nun in die neu geschaffenen Gebietskörperschaften, die Gemeinde Hille und die Stadt Minden, übergegangen waren.

Eine Neufassung der Wasserversorgungssatzung und die Beitrags- und Gebührensatzung erfolgte nochmals zum 1.1.1983. Die seinerzeit beschlossenen Satzungen entsprechen nahezu in allen Punkten den derzeit gültigen Satzungen des Wasserbeschaffungsverbandes des Amtes Hartum.

Die Beitrags- und Gebührensatzung wurde in dem Rahmen deutlich verändert – vor allem in der Beitragsstruktur. Insbesondere wurde als Beitragsmaßstab nun der Flächenmaßstab verwand, der die bisherige pauschale Beitragsveranlagung ersetzte. Daneben findet nun das Maß der Nutzung, z.B. ob ich ein eingeschossiges Grundstück oder ein mehrgeschossiges Grundstück habe und die Nutzungsart (Berücksichtigung von Gewerbenutzung) bei der Beitragsberechnung Beachtung.

Diese Satzungsänderung war nötig, um einer Beitragsveranlagung entsprechend der Vorschriften des Kommunalabgabengesetz und der seinerzeit bereits gängigen Praxis nachzukommen.

Das sich nicht alle beteiligten Personen mit dieser rechtlich notwendigen Einigung anfreunden konnten, zeigte u.a., dass in der Ratssitzung die Beitrags- und Gebührensatzung bei drei Gegenstimmen und 5 Stimmenthaltungen beschlossen wurde. Änderungen dieser Satzung wurden nur auf Grund der Veränderung der Gebühren- und Beiträge und auf Grund der Umstellung des EUR vorgenommen.

Finanzielle Entwicklung – Zusammenhang Zuschüsse, konsequente Beitragsveranlagung – günstiger Wasserpreis

Ganz entscheidend für die finanzielle Situation unseres WBV und damit auch für die Gestaltung der Wasserpreise war, dass bei der Rohrnetzentstehung Landeszuschüsse bewilligt worden sind. Landeszuschüsse wurden gerade in in der Ausbauphase am Anfang der
70-iger Jahre gewährt.

Durch diese Zuschussgewährung konnten die Fremdmittel für den Bau des Rohrleitungssystems relativ gering gehalten werden und bis zum heutigen Zeitpunkt in voller Höhe zurückgezahlt werden. Somit wird der Wasserpreis dementsprechend nicht durch Zinsaufwand „belastet“. Die Finanzierung mit Landesmitteln hatte auch eine negative Seite für die Gebührenzahler, da die Zuschussgewährung seinerzeit von einem Mindestpreis von 1,20 DM als Wasserpreis abhängig gemacht wurde. Dies führte zum Beispiel im Wasserbeschaffungsverband des Amtes Hartum zu diesem Preis, obwohl auf Grund der Kalkulationen nur 0,60 DM als Wasserpreis hätte erhoben werden müssen. Dies wiederum hatte den Effekt, dass wegen der erhöhten Einnahmen auf Grund der Mindestpreise die Entschuldung vorangetrieben werden konnte oder weitere Investitionen ohne zusätzliche Kreditaufnahme vorgenommen werden konnten.

Die Verbände, die Anlagen aus den Vorkriegsjahren oder den frühen Nachkriegsjahren betreiben, konnten sich dieser Fördertöpfe nicht bedienen und haben aufgrund der alten Anlagen in den vergangenen Jahren und heute einen hohen Sanierungsbedarf.

Auch die Erhebung von Anschlusskosten (Beitragserhebung) hat einen erheblichen Einfluss auf den derzeitigen Wasserpreis. Soweit das Leitungsnetz durch relativ hohe Beiträge bei Anschlusserstellung durch die Anschlussnehmer mit finanziert worden ist und dadurch die Verschuldung des Unternehmens so gering wie möglich gehalten wurde, führte dies zu einem geringen derzeitigen Schuldenstand mit den daraus resultierenden geringeren Kosten und zu hohen (steuerlichen) kalkulatorischen Auflösungsbeträgen für die Ertragszuschüsse als Einnahme im Erfolgsplan des WBV.

Die Schuldenfreiheit, der günstige Wasserpreis und das qualitativ gute Versorgungsnetz zeugen für die hervorragende finanzielle Situation des Verbandes und lassen optimistisch in die Zukunft schauen.

Der Wasserkrieg

Planungen für eine Wasserförderung durch den WBV „Am Wiehen“ in der heutigen Gemeinde Hille, hier speziell der Ortschaft Südhemmern, gehen auf das Jahr 1962 zurück. Bereits zu der Zeit beabsichtigte der damalige WBV Wiehengebirge Süd die Stadt Bad Oeynhausen und Löhne mit Trinkwasser aus Südhemmern zu versorgen. In 1962 wurden die ersten Versuchsbrunnen erstellt, was zu Beeinträchtigungen der Haus- und Versorgungsbrunnen führte. Damit begann der Wasserkrieg in Südhemmern.

In einem Erörterungstermin am 24.10.1967 in der Amtsverwaltung in Hartum wurden die Einwendungen der Anlieger mit den Vertretern vom Regierungspräsidenten in Detmold erörtert.

In einer Niederschrift wurden die Einwendungen der Anlieger aus der Gemeinde Südhemmern aufgenommen. Hauptpunkte dabei waren

  • Zahlungspflicht für Wassergeld nach der Einführung des Anschluss- und Benutzungszwangs durch die Gemeinde Südhemmern
  • Schäden, die den Einwendenden durch den Ausfall der Haus- und Trinkwasserversorgung entstehen.
  • Vegetationsschäden infolge von Senkung des Grundwasserstandes auf die Landwirtschaft

Da die Gebührenfestsetzung durch die Gemeinde Südhemmern bereits Inhalt von Anfechtungsklagen beim Verwaltungsgericht Minden waren, wurde dieser Einwendungspunkt in der Besprechung nicht berücksichtigt.

In dem genannten Klageverfahren wendeten sich 62 Grundstückseigentümer aus der Gemeinde Südhemmern gegen die Heranziehung zu Wassergebühren.

Die Kläger trugen dabei vor, dass der Wasserbeschaffungsverband Am Wiehen als Betreiber der Brunnen verpflichtet sei, eine kostenlose Wasserversorgung für die Grundstückseigentümer sicherzustellen, deren Brunnen durch die Förderung des Trinkwassers durch den Wasserbeschaffungsverbandes Am Wiehen trockengefallen sind. Der Gemeinde Südhemmern wurde vorgeworfen, dass diese dem Wasserbeschaffungsverband Am Wiehen grundlos zuvorgekommen ist, eine Versorgung der Betroffenen und eine entsprechende Kostenerstattung sicherzustellen.

Daneben wurde der Gemeinde Südhemmern zur Last gelegt, dass in dem Wasserlieferungsvertrag mit dem WBV Am Wiehen eine kostenlose Wasserlieferung hätte vereinbart werden müssen. Weiter wurde vorgebracht, dass nach dem seinerzeit gültigen Stand keine einvernehmliche Regelung über den Wasserpreis zwischen der Gemeinde Südhemmern und dem Wasserbeschaffungsverband Am Wiehen zustande gekommen ist.

Beachtlich ist in diesem Zusammenhang die stattliche Anzahl von 62 Klägern.

Die Klagen wurden vom Verwaltungsgericht Minden am 16. September 1969 zurückgewiesen (3 Musterklagen). Die Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster war ebenfalls erfolglos. Mit Urteil vom 28. Februar 1972 entschied hier das Oberverwaltungsgericht, das die Kläger sehr wohl zu Trinkwassergebühren herangezogen werden können.

In dem Verfahren wurde über 3 Klagen mit o.g. Urteil vor dem Oberverwaltungsgericht entschieden. Mit den übrigen Klägern wurden Vergleiche geschlossen, die beinhalteten,

  • dass eine am 11. Dezember 1972 beschlossene Änderung der Beitrags- und Gebührensatzung durch die Gemeinde Südhemmern in Kraft gesetzt wird
  • neue Bescheide ab 1.4.1966 erlassen werden und
  • die Kläger auf ihre Kosten die Klagen zurückziehen.

Es war aber immer noch keine einvernehmliche Lösung für den Wasserpreis für die Gemeinde Südhemmern getroffen worden. In einer Besprechung am 27. Mai 1971 hatte der WBV Am Wiehen von sich aus angeboten, das Trinkwasser für die Gemeinde Südhemmern zu 2/3 des üblichen Wasserpreises zu liefern.

Der WBV Am Wiehen besserte am 25.08.1972 noch einmal nach. Demnach sollte der Preisnachlass von 1/3 für die Gemeinde Südhemmern noch mal dahingehend verändert werden, dass die Hälfte des bezogenen Trinkwassers zum halben Preis des genannten Vorzugspreises geliefert wird.

Nachdem die rückwirkende Änderung der Beitrags- und Gebührensatzung der Gemeinde Südhemmern ab 1.4.1966 durch den Kreis Minden-Lübbecke als untere staatliche Verwaltungsbehörde genehmigt wurde, konnte den Klageführern ein rückwirkend veränderter Gebührenbescheid übersandt werden und somit der Verwaltungsstreit endgültig beendet werden. Am 31.12.1972 wurde in einer Vereinbarung geregelt, dass die Prozesskosten noch von der Altgemeinde übernommen wurden.

Mit Gründung der Gemeinde Hille im Rahmen der Gebietsreform im Jahr 1973 wurde dieser bevorzugte Wasserpreis nicht mehr individuell den Bürgern in Südhemmern weitergegeben, sondern bei der Rechnungsstellung des Wasserbeschaffungsverbandes Am Wiehen an den Wasserbeschaffungsverband des Amtes Hartum berücksichtigt. So kam der Vorzugspreis nicht mehr individuell den Bürgern in Südhemmern, sondern allen Anschlussnehmern im Bereich des Wasserbeschaffungsverbandes des Amtes Hartum zugute.

Einzeln wurde dann noch einmal in diesem Zusammenhang von einigen Klageführern über den Weg einer Dienstaufsichtsbeschwerde beim Kreis Minden-Lübbecke versucht, eine individuelle Vergünstigung ausschließlich für Südhemmer Bürger herbeizuführen, was jedoch nicht von Erfolg gekrönt war und somit der Wasserkrieg endgültig beendet wurde.

 „Das Wasser kann ohne Fische auskommen, aber kein Fisch ohne Wasser“, meint ein chinesisches Sprichwort und verdeutlicht damit die Abhängigkeit der Lebewesen vom Wasser.

Die Versorgung mit dem lebens- und überlebensnotwendigen Gut Wasser ist dementsprechend eine ganz elementare Aufgabe, der sich der Verband stellt.